Alles Gemüse & so...

Der St. Pöltner Wochenmarkt wird immer beliebter – für den Einkauf wie auch als Treffpunkt.

Jeden Donnerstag und Samstag Früh räumen die StandlerInnen auf dem barocken Domplatz und am angrenzenden Herrenplatz in der St. Pöltner Altstadt ihre Waren aus. Das Besondere am Domplatzmarkt ist, dass viele ErzeugerInnen hier nach wie vor ihre eigenen Produkte anbieten, vieles davon biologisch – das meiste regional und saisonal. „Rund 80 Prozent sind bäuerliche Direktvermarkter“, erklärt Gabriele Bertl, die Leiterin vom St. Pöltner Marktamt. „Und wir wollen auch weiterhin so regional wie möglich bleiben.“
Der Domplatzmarkt in St. Pölten wurde im Falstaff Voting 2019 zum beliebtesten Markt Österreichs auserkoren. Bei der feinen Auswahl an Köstlichkeiten auf bis zu 80 Ständen in der Sommersaison eigentlich kein Wunder. Seit 1900 befindet sich der St. Pöltner Wochenmarkt schon auf dem Domplatz und hat eine noch längere Tradition. Im Jahr 1058 bekam St. Pölten das Marktrecht verliehen. Jahrhundertelang lebte die Stadt vom Handelsverkehr durch den Markt. Manche Straßennamen zeugen heute noch vom früheren Stellenwert des Markttreibens, z. B. Riemerplatz, Rossmarkt oder Marktgasse. Die Bedeutung dieser Märkte war recht verschieden. Da gab es solche, die dem täglichen Bedarf der StadtbewohnerInnen dienten, und Wochenmärkte, die für das Wirtschaftsleben bedeutender waren. Denn auf ihnen beruhte der Handelsverkehr mit der Umgebung.
Heute ist der Wochenmarkt am Domplatz je nach Saison auch beliebter Treffpunkt – bei einem Glaserl Wein, einem Vormittagsbier oder einem kleinen Imbiss, ganz nach Herzenslust. Verhungern oder verdursten wird man hier jedenfalls nicht müssen!

Der Market Gardener im Portrait

Michael Kietreiber verkauft sein „Grünzeug vom Feld“.

Was genau ist eigentlich „Market Gardening“?
MK: Im Endeffekt geht es darum, dass man Gemüse oder eine große Vielfalt an Gemüse auf einer sehr kleinen Fläche anbaut, ohne große Maschinen, auf fixen Beeten in engen Abständen. Der Vorteil der engen Pflanzung ist, dass dadurch ein Blätterdach entsteht. So bleibt die Feuchte im Boden und du musst weniger mulchen. Außerdem wächst weniger Unkraut, weil weniger Licht hinkommt.

Warum wird Market Gardening nicht häufiger gemacht, vor allem, wenn es so platzsparend ist?
MK: Gute Frage. Gerade in den Köpfen vieler Landwirte herrscht noch immer der Glaubenssatz vor, man müsse groß sein, um überleben zu können. Ich bin Quereinsteiger und für mich war das von Anfang an eine total logische G’schicht. Natürlich ist das Gemüse durch die viele Handarbeit auch preislich in einem höheren Segment. Die Leute sagen aber auch, dass das Gemüse ganz anders schmeckt. Viel intensiver. Eine Karotte schmeckt wie eine Karotte. Und es hält viel länger. Die Leute geben gern ein bisschen mehr Geld für Qualität aus. Wenn es angenommen wird, macht man etwas richtig.

Was hast du vorher gemacht?
MK: Ich war zwölf Jahre in der Veranstaltungsbranche tätig, habe Festivals, Konzerte und Shows organisiert. Das hat sich über die Jahre gewandelt. Ich wollte etwas machen, was für mich wieder mehr Sinn ergibt, raus in die Natur und am Wochenende Zeit haben für mich. Also hab ich gekündigt.

Wie kamst du ausgerechnet von der Veranstaltungsbranche zur Landwirtschaft?
MK: Das war schon in meiner Kindheit ein Traum. Aber ich hatte nicht die Möglichkeiten, das zu machen, das nötige Kleingeld. Nachdem ich gekündigt hatte, habe ich durch Zufall ein YouTube-Video über Market Gardening gesehen. Das hat mich total begeistert. Erstens hat es schön ausgeschaut, wie in Omas Küchengarten, nur ein bisserl größer. Und zweitens, dass man auf kleiner Fläche so viel anbauen und davon leben kann. Im Jänner hab ich das Video gesehen und im März die Landwirtschaft angemeldet, zwei Monate nach meiner Kündigung. Meine Frau und ich wollten wieder aufs Land und sind in ihr Elternhaus in Maria Jeutendorf gezogen. Der Onkel meiner Frau ist Landwirt und hat angrenzend an das Grundstück ihrer Eltern einen Acker. Den konnte ich pachten. Das war alles total entspannt und ich dachte: Ich muss das jetzt einfach probieren.

Wie lange hat es dann gedauert, bis du die ersten Produkte verkaufen konntest?
MK: Mit Anfang Mai habe ich die ersten Sachen gepflanzt und bin dann im Juli damit auf den Markt gefahren. Ich habe von Anfang an mein Risiko minimiert und ganz entspannt das verkauft, was ich gerade hatte. Im ersten Jahr waren das auf 20 Beeten Zucchini, Salate, Radieschen – eh schon einiges, aber im Vergleich zu heute wenig (lacht).

Du verkaufst ja auch Gemüsekisten, die man vorbestellen und am Domplatzmarkt abholen kann.
MK: Genau, die nehme ich fix und fertig und was man zusätzlich noch möchte, kann man am Stand am Wochenmarkt einkaufen.

Du hast auch eine Tochter. Hilft die auch schon mit?
MK: Ja! Es ist spannend, was sie mit nicht einmal zwei Jahren schon alles machen kann. Sie versteht, welches Unkraut gezupft gehört, hilft beim Abernten und nascht Paradeiser. Sie geht aufs Feld, zieht die Karotten raus und isst sie ungewaschen. Es ist wirklich faszinierend und wunderschön für mich als Vater, mein Kind so aufwachsen zu sehen. Mir gehts‘ Herz auf.
 

Fotos: www.raff.at